Das Kind lernt dann am nachhaltigsten, wenn es das tut,
-woran es interessiert ist.
-was für es einen „Sinn“ hat.
-worauf seine Aufmerksamkeit gerichtet ist.
-was es tun will.
Das Ziel der psychomotorischen Entwicklungsbegleitung ist nicht so sehr eine Leistungsverbesserung im Bereich der Motorik. Es ist vielmehr eine Unterstützung bei der Entwicklung der Persönlichkeit durch Förderung von Handlungskompetenzen.
Vorrangiges Medium psychomotorischer Angebote ist die Bewegung. Denn Bewegung ist eine zentrale Voraussetzung jeglichen Handelns. Und Lernen geschieht beim Handeln, beim Tun.
Über Bewegungsspiele und andere Formen des aktiven Handelns wird die körperliche wie psychische Entwicklung des Kindes angeregt. Es ist nachgewiesen, dass Anregungen, die ganzkörperliches Aktivsein ermöglichen, von Kindern besonders gut angenommen werden, weil sie ihrem körperlich-geistigem Entwicklungsstand, ihrem Bedürfnis nach vielfältigem und selbst bestimmtem Tun, und Bewegen – und damit ihrer altersspezifischen Art zu lernen – besonders gut entsprechen.
Die unauflösliche Beziehung zwischen körperlich und geistig-seelischer Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit, sowie ihre wechselseitige Abhängigkeit und Beeinflussung ist die grundständige Ausgangsposition auf deren pädagogischen Ansatz die Psychomotorik basiert.
Angebote der Psychomotorischen Entwicklungsbegleitung sind Spiele, Übungen, vielfältige Handlungsanlässe, die durch unterschiedliche Impulse (Materialien, Sozialformen) sowie durch Ansprache verschiedener Fähigkeiten z.B. Wahrnehmung, Körperkoordination oder Körpergefühl – die Entwicklung der gesamten Persönlichkeit anregen.
All diese Angebote stärken auch das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein und damit die Eigenaktivität, Lernbereitschaft und Denkfähigkeit.
Diese Angebote in ihrer kompletten Fülle, sowohl bewegungsintensives Tun, als auch Entspannungsübungen/Stilleerfahrungen ermöglichen basale Lernprozesse und sind zugleich Entwicklungsimpulse, die wichtige Voraussetzungen schaffen für sämtliche kognitiven Lernprozesse.
Durch die veränderte Lebenssituation der Kinder, die Reduzierung ihrer Erfahrungsmöglichkeiten, müssen die Vorraussetzungen für schulisches Lernen häufig erst in der Schule erworben, bzw. nachgeholt werden. Bewegungsunruhen, Hyperaktivität, Lern- und Konzentrations-störungen nehmen ständig zu.
Gerade Lernstörungen lassen sich nicht mehr mit kognitiv orientierten Fördermaßnahmen beheben. Die Kindergärten und Schulen müssen auf die Veränderung der kindlichen Lebenswelt infolge des Verlusts an Eigentätigkeit reagieren. Die Einrichtungen müssen Sinnverlust und einseitige Sinneserfahrungen ausgleichen und Gegenstrategien zu einer zunehmend von Medien und Technik beherrschten Umwelt bieten.
Der psychomotorische Ansatz kann Hilfen anbieten, indem Grundlagen für das Lernen vermittelt und elementare Wahrnehmungserfahrungen geschaffen werden.
Bewegung muss verstärkt zum Medium der Erfahrungsgewinnung werden. Als Lernprinzip rückt die körperlich-sinnliche Aneignung in den Vordergrund einer handlungsorientierten Methode und macht auch abstrakte Lerninhalte „begreifbar“ , erfassbar“ und damit auch nachvollziehbar.
Im Kindergartenalltag und auch später in der Schule sind viele Sachverhalte und Erkenntnisse besser durchschaubar, wenn die Kinder die Dinge mit allen Sinnen wahrnehmen können, wenn an der Erfahrungsgewinnung die ganze Person beteiligt ist.
Neben Bewegungsaufgaben, bei denen in spielerischer Form z.B. Mengen- und Raumerfahrungen als Vorraussetzung für mathematische Lernprozesse vermittelt werden, gibt es viele andere Gelegenheiten in denen Bewegungshandlungen als Mittel der Erkenntnisgewinnung genutzt werden können.
Körperlich-sinnliche Erfahrungen sind dabei nicht als Garnierung der abstrakten Lernerfahrungen zu verstehen, sie stehen in der Psychomotorik vielmehr als eine wesentliche Form der Weltaneignung.
Damit einher geht auch eine veränderte Sicht des Kindes: sie beinhaltet das Vertrauen auf die Selbstbildungsfähigkeit des Kindes, auf die Aktivität und Lernbereitschaft, die eigenverantwortliches Lernen möglich machen und die Erziehungsziele wie Selbständigkeit nicht als utopische Fernziele ansehen.
Ein wesentliches Argument für eine Veränderung der Aneignungsformen liegt in der Einsicht, das Körper- und Sinneserfahrungen zu einem unersetzlichem Bestandteil kindlicher Lebenswirklichkeit gehören, durch unsere heutigen Lebensbedingungen jedoch mehr und mehr vernachlässigt werden.
Die Psychomotorik bietet also optimale Möglichkeiten schon in der frühkindlichen Phase Körper, Seele und Geist in Einklang zu bringen und für eine ausgewogene, gesunde Entwicklung aller Bereiche zu sorgen.
Caren Leonhard
Pädagogin und Psychomotorikerin
Psychomotorik ist ...
1.„Psychomotorik“ ist die Bezeichnung für ein Lebensphänomen, für die unauflösliche Beziehung zwischen der körperlich und geistig-seelischen Seite der menschlichen Persönlichkeit und ihren wechselseitigen Bedingungen und Beeinflussungen in Hinblick auf die Gesamtentwicklung.
2.„Psychomotorik“ als Lebensphänomen ist etwas, das bei Kindern (aber auch bei Erwachsenen) ständig geschieht. Der Prozesscharakter von Psychomotorik muss gesehen und verstanden werden. Aus dieser Perspektive eröffnen sich wichtige Einsichten.
3.„Psychomotorik“ ist auch ein (heil-)pädagogisch-therapeutischer Ansatz zur Gestaltung von Angeboten zur praktischen Entwicklungsförderung in Kita, Schule oder Therapie.
Die psychomotorische Entwicklungsbegleitung
Kurzdefinition nach Gerd Recke
Die psychomotorische Entwicklungsbegleitung ist ein ganzheitlicher, entwicklungs- und bedürfnisorientierter sowie kindgemäßer Bildungsansatz, bei dem das handelnde Lernen im Zentrum steht und für dessen Gestaltung und Durchführung von Bildungsangeboten schwerpunktmäßig das Medium Bewegung genutzt wird.
Lernen in Bewegung!